Seminar zu Falschmeldungen in Gagausien. Teil 2

Am 24. August veranstaltete die moldauische Abteilung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) im Rahmen des internationalen Projekts „Massenmedien, Meinungsbildung, Menschenrechte“ ein Schulungsseminar in Gagausien.

Das Thema „Verbreitung der falschen Realität“, das zur Grundlage des Vortrags der Referentin Natalia Smurgun wurde, wurde zum Anlass einer lebhaften Diskussion, die die Relevanz und Aktualität des diskutierten Problems verdeutlichte.

Die Vortragende sprach über die Situation, in der sich die Massenmedien in der Republik Moldau befanden. Zum größten Teil waren alle Massenmedien unter mehreren Klans aufgeteilt, die an der Macht waren. Nachrichtenportale fungierten nicht als Informanten, sondern als Kurialpropagandisten. Es wurden verschiedene Methoden zur Manipulation der öffentlichen Meinung angewendet: Vorspiegelung falscher Tatsachen, Einschüchterung, Reißen einzelner Phrasen aus dem Zusammenhang, Ausschluss der alternativen Meinungen, Fehlen der Verweise auf Primärquellen, Mitteilung der Nachrichten im richtigen Zusammenhang. Auf solcher Weise wird der für die und jene politische Gruppe notwendige Standpunkt dem Publikum tatsächlich durch einen reibungslosen Mechanismus durch Fernsehprogramme, Zeitungen, Internetportale und soziale Netzwerke aufgenötigt.

Die Vortragende lieferte Beispiele für die Verbreitung der falschen Informationen in den moldauischen Massenmedien.

 

Bild 1. Auf dem Nachrichtenportal kp.md wurden falschen Nachrichten über Mark Zuckerbergs Absichten verbreitet.

 

Darüber hinaus berührte die Vortragende das Thema der Trollerei in sozialen Netzwerken. Das ist ein sehr gefährliches Phänomen, wenn ein als gewöhnlicher Benutzer getarnter Troll seine Meinung zu dem veröffentlichten Material nicht äußert, sondern die Leser provoziert, indem er eine negative Reaktion hervorruft, oder die Konversationsteilnehmer vom Kern der Nachrichten ablenkt und die Konversation zu einem anderen Thema weiterleitet.

Um der Gesellschaft den notwendigen Standpunkt aufzuzwingen, werden Trolle eingesetzt, um die notwendigen Informationen zu verbreiten oder Informationen in zahlreichen Fora und sozialen Netzwerken in der „richtigen“ Perspektive zu liefern.

 

Bild 2. Ein anschauliches Beispiel der Trollerei. Provokative Bemerkungen, Aussage nicht zum Thema, sondern zur Persönlichkeit des Gesprächspartners.

 

Nach der Präsentation des Berichts kam eine lebhafte Debatte in Fluss.

Eine andere Diskussionsteilnehmerin, die Abgeordnete der gagausischen Volksversammlung, Ex-Direktorin des gagausischen Fernsehens Ecaterina Jecova, hob Folgendes hervor: „Ohne die langfristige Unterstützung der Europäischen Union für moldauische Nichtregierungsorganisationen und Journalisten hätten wir heute nicht gewusst, was unabhängige Massenmedien sind und was unabhängiger Journalismus ist. Und egal wie schwierig es für uns heute ist, müssen wir Anstrengungen unternehmen, damit die zukünftigen Generationen noch informierter werden und bewusste Wahl treffen können. Heute müssen wir die Programme und Aufgaben umsetzen, die unser Land noch entwickelter und offener machen. Und hier ist die Rolle der Nichtregierungsorganisationen sehr schwer zu überschätzen. Der Entwicklungsprozess der Zivilgesellschaft muss fortgesetzt und intensiviert werden. Es ist sehr einfach, die Wahlen durchzuführen und zu manipulieren, wenn die Wählerschaft nicht sehr aufgeklärt ist. Diese Leute sind sehr leicht zu täuschen, es ist sehr leicht, ihnen etwas zu versprechen, die Hoffnung aufzuzwingen und diesem Versprechen nicht nachzukommen. Und eine aufgeklärte Bevölkerung ist bereits ein ernstes Hindernis für die Förderung der Falschmeldungen“.

 

Foto 3. Diskussion des Berichts durch die Seminarteilnehmer

 

So hat eine der Seminarteilnehmerinnen, die politische Strategin Elena Panus, uns darüber erzählt, wie sie, indem sie die Aktivitäten eines der moldauischen Fernsehkanäle beobachtete, der behauptete, unabhängig zu sein, eine gewisse Tendenz bei der Präsentation der Nachrichten bemerkte. Es werden in diesen Nachrichten bestimmte Akzente gesetzt, und die Führung des Senders verbirgt ihre politischen Vorlieben nicht. Es werden „Ihre“ Leute zu Diskussionen eingeladen, die die Fragen einer „selektiven“ Ausrichtung diskutieren. Die Moderatoren sind auch nicht uneingenommen. Somit kann der Kanal kaum als unabhängig bezeichnet werden.

Ein anderer Seminarteilnehmer, Serghei Butuc, stellvertretender Vorsitzender des Kreises Cantemir, bemerkte, dass: „die heutige moldauische Gesellschaft sowohl ideologisch als auch geopolitisch gespalten ist. Ein Teil der moldauischen Gesellschaft blickt auf Europa und den europäischen Entwicklungsweg, während ein anderer Teil der Gesellschaft auf Russland blickt. Darüber hinaus gibt es eine territoriale Aufteilung des Landes – Transnistrien bleibt weiterhin außerhalb der Zuständigkeit der moldauischen Behörden.

Unter diesen Umständen ist es einfach, die öffentliche Meinung zu manipulieren, mit Emotionen zu spielen und die Rhetorik des Hasses gegen einen hypothetischen Feind zu verwenden, und dadurch die moldauische Gesellschaft weiter spaltend.

 

Foto 5. Rede des Referenten an die Teilnehmer

 

Der Seminarteilnehmer, der Bürgermeister von Basarabeasca, Valentin Cimpoies, glaubt, dass „die Republik Moldau momentan in der Zeit der Verlierer lebt, die die Macht im Land ergriffen haben“. Er gab ein Beispiel, wie eine Person, die noch nicht einmal die Schule beendet hatte, der Vorsitzende des Kreises wurde. Diese Person war erfolgreich, ohne etwas für die Bewohner seiner Region zu tun, vier Jahre lang damit beschäftigt, seine Konkurrenten zu verunglimpfen, indem er soziale Netzwerke nutzte, seine Interessen zu fördern und zu verteidigen.

„Die heutigen Politiker brauchen keine aufgeklärten Leute, da sie schwer zu manipulieren sind. Die skrupellosen Politiker setzen Falschmeldungen und Desinformationen geschickt ein “, sagte Cimpoies.

Alle Seminarteilnehmer hoben eine gute Materialauswahl und eine gründliche Analyse des aufgegriffenen Themas hervor. Die Zuhörer betonten, dass das über die Falschmeldungen, Trolle und Meinungsmanipulationen in sozialen Netzwerken gewonnene Wissen für sie sehr nützlich ist und in ihrer zukünftigen Arbeit von Nutzen sein wird.

Sie haben auch der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) vorgeschlagen, künftig ähnliche Schulungsseminare für Schüler der oberen Klassen und Studenten in Gagausien abzuhalten, da die Jugendlichen die aktivsten Verbraucher des Contents in sozialen Netzwerken sind.

 

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