Oleg Orlow, Mitbegründer der in Russland mittlerweile verbotenen Menschenrechtsorganisation Memorial wurde gestern wegen Diskreditierung der Armee zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die IGFM fürchtet nach Tod von Alexej Nawalny um das Leben zahlreicher Dissidenten in Russland. Bildquelle (Karinna Moskalenko): Wikipedia

Russland: Putin entledigt sich weiter seiner Kritiker – Bekannter Bürgerrechtler wegen „Diskreditierung der Armee“ zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt

IGFM fürchtet nach Tod von Alexej Nawalny um das Leben zahlreicher Dissidenten in Russland

Frankfurt am Main, 28. Februar 2024 – Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) weist anlässlich des neunten Todestages des Kreml-Kritikers Boris Nemzow auf die anhaltende Repressionswelle in Russland und Belarus sowie auf das Schicksal zahlreicher Bürgerrechtler hin. So wurde der 70-jährige Oleg Orlow, Mitbegründer der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten und in Russland mittlerweile verbotenen Menschenrechtsorganisation Memorial, gestern wegen Diskreditierung der Armee zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Nach dem Tod des bekanntesten Putin-Kritikers Alexej Nawalnys im russischen Straflager vor zwei Wochen fürchtet die IGFM, dass nun auch weitere Oppositionelle verschwinden und inhaftierte Dissidenten wie der Journalist Wladimir Kara-Mursa ermordet werden.

„Mit Oleg Orlow ist nun ein Urgestein der russischen Menschenrechtsbewegung verhaftet worden, der schon die Verbrechen des Stalin-Regimes aufgearbeitet hat. Putin entledigt sich weiter seiner Kritiker – er diskreditiert sie, lässt sie verhaften und zu langen Haftstrafen verurteilen, die sie oft fernab ihrer Familien und der Öffentlichkeit in Straflagern absitzen müssen. Sie werden gefoltert, leiden unter der Isolationshaft und werden ermordet. Alexej Nawalnys Schicksal zeigt, dass Putin auch nicht vor Mord an Dissidenten zurückschreckt, deren Schicksal weltweit bekannt ist“, erklärt IGFM-Vorsitzender Edgar Lamm.

Kreml-Kritiker hatte russischen Angriffskrieg gegen Ukraine verurteilt

Oleg Orlow ist seit den 1980er Jahren Mitarbeiter der NGO Memorial, die besonders die Zeit der Repressionen unter Stalin aufgearbeitet und während der Tschetschenienkriege als Vermittler den Gefangenenaustausch organisiert hat. Im Jahr 2022 erhielt Memorial den Friedensnobelpreis. Zu der Zeit war die Organisation allerdings in Russland bereits verboten. Das Strafverfahren gegen Oleg Orlow wurde im März 2023 wegen seines Artikels „Sie wollten den Faschismus. Sie haben ihn bekommen“ eröffnet, in dem der Kreml-Kritiker den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt. Im Oktober 2023 wurde er deshalb bereits zu einer Geldstrafe von 150.000 Rubel (etwa eineinhalb Tausend Euro) verurteilt. Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein und forderte drei Jahre Haft. Die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen und es wurde erklärt, dass der Artikel aus „Feindseligkeit gegen traditionelle russische geistige, moralische und patriotische Werte“ und aus „Hass gegen das russische Militär“ veröffentlicht wurde. Die IGFM berichtet, dass Oleg Orlow von Putins Regime als „Auslandsagent“ diskreditiert wird.

Bundesregierung muss sich für Menschenrechte in Russland einsetzen

Die IGFM appelliert an die Bundesregierung, sich für die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Russland einzusetzen. Besonders sorgt sich die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsorganisation aktuell um den russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa. Der Journalist Wladimir Kara-Mursa gründete nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine zusammen mit weiteren Oppositionellen das ‚Russische Antikriegskomitee‘ und verbüßt nun eine 25-jährige Haftstrafe in einer Strafkolonie in Omsk.

Zum Kommentar von Karinna Moskalenko über Orlow’s Urteil

Quelle: igfm.de