„Nach Angaben des litauischen Geheimdienstes könnten sich unter den Mitgliedern der belarussischen Opposition in Litauen Agenten befinden, die vom belarussischen Geheimdienst rekrutiert wurden“

Ich möchte über die Sektion Litauen sprechen, deren Vorsitzende ich seit 2014 bin. Momentan habe wir 89 Mitglieder in der Sektion, und die Zahl wächst weiterhin. Unsere Schwerpunkte sind die Humanitäre Hilfe, Verletzung der Menschenrechte, Hilfe für Flüchtlinge, Projekte und Veranstaltungen. Die Zielgruppen (Rentner, kinderreiche Familien, Waisen, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in den Regionen Vilnius und Ignalina, und Exil-Belarussen – in Kooperation mit belarussischen Vereinen in Vilnius.

Die lange  Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Wittlich besteht seit 1990. Jedes Jahr bekommen und verteilen wir 10-12 Transporte, ca. 80  Tonnen Hilfsgüter, im Wert von ca.14 000 Euro.

Seit 1990 wurden 207 Transporte nach Litauen  geschickt, das sind 15 Tonnen LKW Ladung, bisher insgesamt 3105 Tonnen Hilfsgüter.

Das ist eine enorme Zahl, die die AG IGFM Wittlich erreicht hat. Wir haben 4 IGFM Lager in den Städten Litauens  (in Ignalina, Pasvalys , Kupiskis und Panevezys) eingerichtet. Da der Bedarf immer groß und die Lager zu klein sind oder die Miete der alten Gebäude zu hoch ist, haben wir ein Projekt angemeldet und die Stadtverwaltung Ignalina hat uns 10. 000 Euro finanziert, um ein neues Lager in der Region Ignalina zu bauen. Das reicht aber bei weitem nicht aus, uns fehlen noch 10. 000 Euro.

Unsere litauische IGFM Sektion betreut die Flüchtlingsfamilien konstant mit humanitären Hilfspaketen aus Transporten, die von der IGFM Wittlich unter der Leitung von der Ehrenvorsitzenden K. Bornmüller kommen. Zusätzlich werden ständig Lebensmittel und Hygienepakete vorbereitet und an die Familien verteilt. Wir arbeiten eng mit vielen Vereinen wie der Caritas, dem Roten Kreuz, der Malteser Jugend und Gemeinden, Politikern, Lehrern, und Sozialbehörden in Litauen zusammen. Ich bin auch regelmäßig im Austausch mit Carmen Krusch-Grün- dank ihr und Prof. Schirrmacher haben wir erfolgreich zwei Weihnachtsprojekte für Ukrainer und Litauer durchgeführt und 200 Familien Pakete im Wert von jeweils 50 Euro verteilt. Für alles, was wir aufgebaut haben und für die ständige Hilfe danken wir der IGFM Deutschland und hoffen auf weitere wundervolle Zusammenarbeit.

Momentan ist die Situation in Litauen sehr angespannt, die Zukunft ist ungewiss. Darauf  bereiten wir uns vor. Die Regierung investiert Geld in die Verteidigungspolitik. Ausweitung der Wehrpflicht, Nato Soldaten an der Ostgrenze, paramilitärische Bürgerwehren, Vereine wie die Schützenunion, und Freiwilligenbataillone haben in den letzten zwei Jahren einen massiven Zulauf erhalten. Die Litauer versuchen Russland mit allen Mitteln abzuschrecken. Die Mehrheit sieht Russland als Bedrohung, viele Litauer sind unruhig, wir haben beschlossen uns im Ernstfall selbst zu verteidigen.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass Russland viel Geld in die Propagandamaschinerie- Fernsehen, Radio, Internet- investiert. Jeden Tag wird versucht die Menschen im Baltikum zu beeinflussen, ihre eindeutig pro-westliche Grundeinstellung zumindest aufzuweichen. Cyberangriffe aus Russland auf unsere digitale Infrastruktur ist für uns zum Alltag geworden. Angriffe auf unsere Partisanen- und Freiheitsdenkmäler oder die Zerstörung litauischer Fahnen. Russland ist sehr gut darin, Chaos und Unruhe innerhalb unserer Länder zu stiften. Als Menschenrechtsaktivistin erhalte ich unschöne Emails und Anrufe per Telefon auf russischer Sprache, in denen mir mitgeteilt wird, dass sie mich und die IFGM Litauen beobachten. Ich wohne in der Region Ignalina, 20 km von der belarussischen Grenze entfernt. Einige Litauer sind einfach nach Belarus einkaufen gefahren und grundlos im Gefängnis gelandet, unsere Behörden können ihnen nicht mehr helfen.  Der Belarussische Geheimdienst hat das Ziel auch nationale russischstämmige Minderheiten zu stärken, er möchte Menschen aus den ärmeren Regionen Baltikums locken und bestechen. So einfach geht es aber nicht- in den baltischen Länder gibt es viele Menschen, die wissen, was Lüge ist, weil sie im Sowjetsystem geboren sind, das auf Lügen gebaut war.

Es wurden Notunterkünfte, Verteidigungstrainings auch für Kinder, Überlebenskurse und  Verteidigungsanlagen an den Grenzen zu Russland und Belarus gebaut.

Was erwarten wir von Europa? Ganz einfach- militärische und finanzielle Hilfe für die Ukraine. Unsere Menschen haben noch die Schrecken der Sowjetherrschaft in Erinnerung- es hat sich nicht viel geändert- diese ethnische Säuberung, dieser imperiale Ehrgeiz, das ist auch Teil unserer tragischen Geschichte. Die westliche Welt soll endlich aufwachen, handeln, einen klaren Plan entwickeln um die Ukraine zu unterstützen. Wenn die Entscheidungen zu lange dauern, sendet es ein positives Signal nach Moskau, so weiterzumachen wie bisher.  Nach zwei Jahren Krieg ist kein Ende in Sicht. Wenn die Ukraine fällt, ist jedem klar, dass wir die nächsten sind.

Wir haben momentan sehr große Herausforderungen-  im Inland haben wir insgesamt  200. 000 Ausländer, es waren noch so nie so viele in Litauen. Unter den Flüchtlingen gibt es 84,842 Ukrainer, 62,000 Belarussen und 15,800 Russen. Außerdem gibt es Wirtschaftsflüchtlinge in Litauen – aus Kyrgyzstan, Azerbaijan, Tajikistan- etc., laut offizieller Statistik vom Litauischem Migrationsdepartement. Für Litauen als kleines Land mit nur 2,8 Mio. Einwohnern ist das eine große Herausforderung.

Das Verhältnis der litauischen Bevölkerung zu den Flüchtlingen ist sehr angespannt- selbst Litauer verdienen nicht viel, in ländlichen Gebieten herrscht große Arbeitslosigkeit, die Preise sind gestiegen. In der Hauptstadt Litauens Vilnius hört man in der Altstadt sehr oft die russische Sprache. Es gibt viele Probleme mit der Integration, viele lernen kein Litauisch. Es gibt auch solche, die die litauische Kultur, die Sprache, die Symbole nicht respektieren. Mit Belarus gibt es momentan viele Probleme – pro Jahr sind durch die belarussisch-litauische Grenze ca. 4 Mio. Menschen hin und zurück gependelt. Schmuggel und illegaler Handel, auch KGB Agenten (Belarussischer Geheimdienst) sind eine Gefahr, die wir verhindern möchten. KGB Spione sind in Litauen sehr aktiv, das ist klar.

Nach Angaben des litauischen Geheimdienstes könnten sich unter den Mitgliedern der belarussischen Opposition in Litauen Agenten befinden, die vom belarussischen Geheimdienst rekrutiert wurden.

Darüber hinaus werden die Propaganda- und Desinformationskampagnen der Regierung in Minsk wahrscheinlich die Desillusionierung der belarussischen Diaspora gegenüber der Oppositionsbewegung verstärken.

Haben wir Kontakt zu den Russen in Litauen? Ja, aber nur zu solchen, die ihr Land verlassen haben und die Unabhängigkeit Litauens anerkennen und litauische Symbole respektieren, sonst herrscht gegenseitige Stille. Der Krieg hat gezeigt, wie machtlos die russischen Liberalen sind.

Vor allen Dingen ist es aber jedem bekannt, dass die NATO jeden Tag stärker wird und wir glauben, dass es auch immer mehr eine Einheit bilden wird. Wir freuen uns auch sehr, dass am 11 März- symbolisch am Unabhängigkeitstag Litauens- Schweden NATO Mitglied geworden ist.

Am Ende möchte ich noch sagen dass ich oft gefragt werde ob die baltischen Länder Angst haben. Ja, wir haben Angst, fürchterliche Angst. Putin will, dass wir Angst haben, aber damit würden wir ihm geben, was er will. Wir geben ihm unsere Freiheit nie und werden unser Land verteidigen und die Ukraine weiterhin bis zum Sieg unterstützen.