Paradoxien am Tage Russlands

Am 12. Juni 2017 fielen zwei Ereignisse zusammen: der Tag Russlands und die Aktion der Stiftung zur Korruptionsbekämpfung (umgangssprachlich die Aleksej Nawalnij Stiftung).

Auf beide haben sich die Regierungsbehörden intensiv vorbereitet.
Für die Erste wurde eine Darstellung von historischen Ereignissen auf der zentralen Moskauer Twer-Haupstraße geplant. Sie wurde dafür in eine Fußgängerzone verwandelt, entlang wurden Essenstände für den Besucherstrom aufgestellt.
Zweitere, die Versammlung von Protestanten gegen die Korruption, wurde entsprechend der Moskauer Stadtverwaltung unter politischen Vorbehalten auf die Sacharow Allee gelegt, mit Metalldetektoren ausgerüstet, mit OMON (polizeiliche Spezialeinheiten), mit Videokameras und weiterem zur Kontrolle eines jeden, der sein Gesicht und Profil auf den Dateien der entsprechenden Sicherheitsdienste hinterlassen mochte.
Es wurde angenommen, dass alles planmäßig verlaufen würde: aber noch vor dem Beginn der Protestversammlung wurde eine neue Karte ins Spiel gebracht, denn am Vortag, dem 11. Juni rief der Wortführer der Protestbewegung im Internet alle dazu auf, anstatt auf die Sacharow-Allee zu gehen, auf die Twer-Straße zu kommen.
Die Regierung stand, militärisch gesprochen, „Gewehr bei Fuß“: die Kräfte zum Kampf mir der Opposition wurden an den Versammlungsort der Protestanten verlegt. Und das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten: nach Mitteilung der Medien wurden auf der Hauptstraße des Landes (Twerskij Straße) mehr als 650 Menschen wegen Tragens irgendwelcher Aufkleber oder Sticker zur Unterstützung Aleksej Nawalnijs und der Antikorruptionsstiftung festgenommen. Und praktisch hinterließ jeder, der an diesem Tag ins Moskauer Stadtzentrum kam, ob jung oder alt, sein Abbild auf den Videoüberwachungen mit Gesichtserkennungsfunktion.

Die Zusammenfassung der Ereignisse ist wie folgt: Der Hauptveranwortliche für die „Feier“- Verhaftungen auf der Twer-Straße, Aleksej Nawalnij, wurde unmittelbar nach Verlassen seines Hauses am Morgen des 12. Juni verhaftet und wird über die Ereignisse dieses Feiertages erst in einem Monat erfahren.

In der Nacht auf den 13. Juni wurde Aleksej Nawalnij nach richterlichem Bescheid des Moskauer Bezirksgerichts Simonowsk für schuldig befunden eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 8 des Artikels 20.2 des Gesetzes der Russischen Föderation über Ordnungswidrigkeiten begangen zu haben und zu einem 30tägigen Arrest verurteilt. (Wiederholte Verletzung der bestehenden Ordnung durch den Organisatoren einer öffentlichen Veranstaltung, Versammlung, Kundgebung, Demonstration, Prozession oder Mahnwache).
Ob sich die Entwicklungen der Ereignisse am Tag Russlands unter Berücksichtigung, dass es in über 100 Städten Aktionen gab, als Erfolg oder Misserfolg der Opposition erweist, das wird die Zeit zeigen.
Eines aber ist sicher: Aleksej Nawalnij verfügt über einen speziellen Rettungsring, denn wenngleich zwei noch nicht geschlossene Gerichtsakten bei ihm anstehen, erhielt er noch eine Ordnungsstrafe.