Wladimir Kara-Mursa gehört zu den wichtigsten Oppositionellen in Russland. Nun scheint er aus dem Gefängnis verlegt worden zu sein – wie zuvor schon Alexej Nawalny.
Der Kontakt zum inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa ist nach Angaben seiner Ehefrau und eines russischen Menschenrechtlers abgebrochen. Kara-Mursa befinde sich nicht mehr in der Strafkolonie IK-6 in Omsk, teilte der Menschenrechtler Alexander Podrabinek auf Facebook mit. Ein Brief, den er Kara-Mursa am Freitag geschickt habe, habe laut der Gefängnisverwaltung nicht zugestellt werden können, „da der Adressat in eine andere Einrichtung abgereist ist“.
Die Ehefrau des inhaftierten Oppositionellen bestätigte den Kontaktabbruch. Er sei „in unbestimmter Richtung“ aus der Strafkolonie herausgebracht worden, schrieb sie. Laut dem unabhängigen russischen Exilmedium Meduza ist der Aufenthaltsort Kara-Mursas unbekannt. Omsk liegt etwa 2.200 Kilometer östlich von Moskau nahe der Grenze zu Kasachstan in Sibirien.
Zwei Vergiftungen und 25 Jahre Haft für frühen Putin-Kritiker
Kara-Mursa gehört neben dem inhaftierten Alexej Nawalny zu den wichtigsten innenpolitischen Gegnern und Kritikern des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der 42-jährige Journalist und Oppositionspolitiker wurde im April 2022 wegen seiner Kritik an dem Angriff auf die Ukraine festgenommen und ein Jahr später wegen Hochverrats zur höchstmöglichen Strafe von 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt.
Es war die erste Verurteilung wegen Hochverrats in Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion. In seinem Schlusswort vor der Urteilsverkündung sagte Kara-Mursa, das Ausmaß der politischen Verfolgung in Russland sei „wie in den Dreißigerjahren“, der Zeit des Stalin-Terrors. Auch andere Regimegegner bezeichneten das Urteil als „stalinistisch“.
Kara-Mursa war ein Wegbegleiter des 2015 nahe dem Kreml ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow. Schon in den ersten Amtsjahren von Putin warnte er öffentlich vor dessen autoritären Tendenzen und setzte sich für Sanktionen gegen hochrangige russische Amtsträger ein.
2015 und 2017 überlebte Kara-Mursa mehrere Giftanschläge und leidet seitdem an einer Nervenerkrankung. Vor den Vergiftungen war er vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB überwacht worden. Den größten Teil seiner Haftzeit in Omsk saß er ähnlich wie der zu 19 Jahren Haft verurteilte Nawalny in Einzelhaft ab.
Kara-Mursa: „Das Regime Putin wird kollabieren“
Die Gefängnisverwaltung begründe das damit, dass Kara-Mursa keinen politischen Einfluss auf andere Häftlinge ausüben solle, sagte der Politiker im vergangenen Dezember in einem Interview mit Meduza. Im September 2022 sprach Kara-Mursa in einem Gastbeitrag in der ZEIT von einem möglichen Kollaps von Putins Regime als Folge des Krieges gegen die Ukraine.
Kara-Mursas plötzliches Verschwinden aus dem Gefängnis ähnelt dem Verschwinden Nawalnys im Dezember. Über mehrere Wochen war der Kontakt zu Nawalny abgebrochen, ehe er in einem als besonders hart geltenden Gefängnis im nördlichen Polarkreis wieder auftauchte. Verlegungen zwischen verschiedenen Gefängnissen dauern in Russland häufig mehrere Wochen. Ähnlich wie Nawalny fürchten Vertraute Kara-Mursas wegen der Spätfolgen seiner Vergiftungen um seine Gesundheit.
Wir fordern die Justiz der russischen Föderation auf, den Ort seines Aufenthalts mitzuteilen und das Urteil aufzuheben.
Er muss freigelassen werden!
Nach Angaben von zeit.de
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