Seminar zu Falschmeldungen in Gagausien

 

Bild 1. Bei der Einreise in Comrat – die Hauptstadt von Gagausien

Am 24. August veranstaltete die moldauische Abteilung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGMR) im Rahmen des internationalen Projekts „Massenmedien, Meinungsbildung, Menschenrechte“ ein Schulungsseminar in Gagausien.

Die Wahl des Veranstaltungsortes für das Seminar ist auf die einzigartige Situation zurückzuführen, die sich historisch in dieser Region entwickelt hat.

Die autonome territoriale Einheit Gagausien wurde endgültig in der Verfassung der Republik Moldau im Jahr 1999 verankert. Obwohl Gagausien wie auch Transnistrien in den 1990er Jahren die Unabhängigkeit erklärte und den Wunsch äußerte, in der UdSSR und dann in der gescheiterten Union der souveränen Staaten (USS) zu bleiben, und selbst für einige Zeit der nicht anerkannte Staat – Republik Gagausien – gewesen war, wurden die aufkommenden Probleme im Gegensatz zu Transnistrien relativ friedlich gelöst.

Im Dezember 1994 verabschiedete das moldauische Parlament das Gesetz über den besonderen rechtlichen Status von Gagausien (Gagauz-Yeri), das der Region mit einem kompakten Wohnsitz der Gagausen mit Autonomierechten einräumte. Am 22. Juli 1995 wurden die Kreise Vulcanesti, Comrat und Ceadir-Lunga zu den inneren Regionen von Gagausien ernannt. Die Grenzen der Regionen änderten sich jedoch nach dem Referendum in den oben genannten Dörfern sowie in den benachbarten Kreisen Basarabeasca und Taraclia.

Viele europäische Organisationen für Menschenrechte haben Gagausien als erfolgreiches Paradebeispiel für die Lösung lokaler und nationaler Konflikte für andere Länder anerkannt.

In den 2000er Jahren leistete die Türkei zugunsten von Gagausien eine erhebliche Hilfe.

Seit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre haben die politischen Auseinandersetzungen zwischen den Behörden von Gagausien und Chisinau zugenommen.

Am 2. Februar 2014 haben die Behörden der autonomen Republik ein Referendum abgehalten, bei dem 98 Prozent der Bevölkerung für den „aufgeschobenen Autonomiestatus“ gestimmt haben, der das Recht einräumt, aus Moldawien auszutreten, sobald Sie ihre Unabhängigkeit verliert. Die moldauischen Behörden erklärten das Referendum für illegal und seine Ergebnisse für nichtig.

In Avdarma, einem malerischen gagausischen Dorf, das 15 km von Comrat liegt, fand in dem Geschäftszentrum „Avdarma“ ein Seminar statt, das von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zum Thema der Falschmeldung in dem Medienraum Moldawiens organisiert wurde.

 

Bild 2. Erinnerungszeichen bei der Einreise in Avdarma.

 

Man muss sagen, dass das Dorf Avdarma ein einzigartiges Dorf in Moldawien ist. In diesem Dorf wurde 2018 bei der allgemeinen Versammlung der Dorfbewohner der „Gedenktag für die Opfer der Hungersnot von 1946-1947“ (der 19. Oktober) gebilligt. Das Datum des 19. Oktober wurde gewählt, da an diesem Tag im Jahr 1946 zum ersten Mal ein offizielles Schreiben aus Comrat an die Behörden des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Moldawiens versandt wurde. In diesem Schreiben ging es darüber, dass die Menschen an Hunger stürben. Diejenigen, die diesen Brief unterschrieben, wurden den Repressalien unterworfen.

Und nur in diesem Jahr wurde dieser Tag auf der Ebene von ganz Gagausien anerkannt. Zu Ehren derjenigen, die in Avdarma vor Hunger gestorben waren, wurde darüber hinaus ein Denkmal errichtet.

Laut Berechnungen der Historiker starben infolge der Hungersnot, die in den südlichen Siedlungen der MSSR weit verbreitet war,  in den 1946-47er Jahrenbis zu einem Drittel der gagausischen Bevölkerung.

 

Bild 3. Denkmal „Acı köşesi“ zum Gedenken an die Opfer der Hungersnot in den 1946-1947er Jahren.

 

Bild 4. Denkmal in Comrat zum Gedenken an die Opfer politischer Repressionen zur Zeit Stalins.

 

Seit 1998 erscheint in Gagausien die erste Zeitung in gagausischer Sprache „Ana Sözü“.

Zeitungen wie „Hakikatın sesi“, „Meydan“ und die Zeitschriften „Sabaa yıldızı“ und „Gagauz dili hem literaturası“ erscheinen zurzeit ebenfalls in gagausischer Sprache.

Der öffentliche gagausische Fernseh- und Radiosender ist das Teleradio von Gagausien (gag. Gagauziya Radio Televizionu kulesi – GRT), das seine Programme in drei Sprachen abhält: in gagausischer, russischer und moldauischer Sprache. Neben GRT funktionieren auch andere Fernsehsender, solche wie Achik TV (Acik TV).

Folgende Nachrichtenportale funktionieren in der Region:

 

Bild 5. Plakat auf einer Straße von Comrat. Werbung des Nachrichtenportals, dem die Einwohner Moldawiens vertrauen.

 

An dem Seminar nahmen lokale Journalisten, der Direktor der gagausischen Television, der stellvertretende Bürgermeister und die Bürgermeister, sowie lokale Berater der Bürgermeisterämter der Nachbarstädte von Comrat teil.

Während des Seminars wurden Informationen zur Situation im moldauischen Medienraum und in den engagierten Massenmedien präsentiert, die heute den Oligarchen oder politischen Gruppen angehören.

 

Bild 6. Ein Beispiel für Manipulation in den moldauischen Massenmedien.
Die Rede der Premierministerin Maia Sandu in Gagausien war auf dem Hintergrund der russischen Fahne fertiggeschnitten. Obwohl es tatsächlich die Fahne von Gagausien war.

 

Leider ist in den letzten Jahren in Moldawien eine große Anzahl von Medienplattformen aufgetaucht, die unverhohlene Propaganda betreiben.

 

Bild 7. Ein Beispiel für ein gefälschtes Nachrichtenportal, das beliebt und vertrauenswürdig ist.

 

Die Lektoren des Seminars gaben Beispiele dafür, wie die Manipulationen auf den Informationsportalen stattfinden und wie die gefälschten Nachrichten, indem sie politische Vorteile heranziehen, die Opponenten diskreditieren und die breiten Bevölkerungsschichten irreführen können.

Die Massenmedien setzen die „Hasssprache“ aktiv ein und wenden Technologien zur Volksverhetzung an, um die Gesellschaft in separate unfreundliche Gemeinschaften aufzuteilen.

Sehr oft machen sich die Nachrichtenportale die Tatsache zunutze, dass sie fälschlicherweise aus dem Rumänischen ins Russische und umgekehrt übersetzen. Das führt auch zu Verzerrungen im Informationsfluss.

Im Rahmen der Veranstaltung fand ein aktiver Meinungsaustausch statt.

Die Teilnehmer des Seminars äußerten den Gedanken, dass solche Seminare als Spezialkurs in Schulen und Hochschulen des Landes eingeführt werden sollten.

 

 

 

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