Guter Doktor Auwehzwick. Unterm Baume er da sitzt.


Wir modernisieren den Titel für einen heutigen jungen Leser, der zufällig unsere Seite besuchen könnte: „Guter Roboter Aibolit!“

(Anmerkung der Übersetzerin: In diesem Post lehnt sich der Autor an eine im Osten jedem bekannte Kinderreim-geschichte „Dr. Aibolit und seine Tiere“ an, die ähnlich des im Westen eher bekannten Dr. Doolittle ist. Sie beginnt damit, dass der gute Doktor Auhwehzwick unter einem Baum sitzt und verschiedene Tiere mit ihren Wehwehchen zu ihm kommen und er alle schnell wieder gesund macht).

Er an der Adresse sitzt: kvs.gov.ua. (Adresse einer Justizvollzugsansalt: JVA)

Und weiter ginge es mit der Werbung: „Komm zu ihm, ob Kuh, ob Wolf, ob Otter, – alle heilt er,- der gute Dr. Aibolit Roboter“.

Aber jetzt mal ernsthaft. Das Schlüsselwort im Titel ist „sitzen“. So beschreibt das Volk den Prozess der Isolierung von Bürgern durch die Entscheidung des Gerichts. Diese inhaftierten Bürger der Ukraine (und nicht nur Ukrainer), erlauben sich nun auch noch krank zu sein. Und die Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten – ist eines der kostenintensivsten, komplexesten und verantwortlichsten Elemente in der Umsetzung des Strafvollzugs.

Das zweite Schlüsselwort ist (in dem Kindermärchen) der „Baum“, in dessen Schatten Heilung stattfindet. Wer Schatten spendet, der ist für das gesamte Gesundheitswesen zuständig, so auch für das, innerhalb des Strafvollzugwesens. Es ist schwer in Zeiten des Wandels zu leben – so eine alte Weisheit. Aber man kann dem nicht ausweichen. Das Justizministerium, das das Strafvollzugswesen in seine gerechten Hände bekommen hat, hat mit einer radikalen Umbildung des Strafvollzugs begonnen. Es herrscht das Prinzip der Veränderung – das Gegenteil des Römischen – „Vereinige und herrsche“. Es wurden 6 MRUs geschaffen (Anmerk. ÜB.: Zwischenregionale Verwaltungseinheiten) (seitens derer, die anscheinend denjenigen, die Wortveränderungen gegenüber nicht aufgeschlossen sind, also den Archaisten, spottend trotzen).
Diese MRUs wurden formiert und benannt (wahrscheinlich nicht ohne eine Aufforderung von der SBU [Anmerk. Üb.: Staatssicherheitsdienstes der Ukraine]?), um ausländische Experten zu beeindrucken. Aber wie kann die einfache Mutter eines ukrainischen Häftlings nun zuordnen, unter welche Verwaltungseinheit ihr Kind fällt: zu der West-, Süd-, Süd-Ost- oder Nord-Ost-MRU? Die Einführung des „Zentrums“ als fünfte Einheit,- das ist genial. Es scheint der Kreativität „der Inhaftierenden“ sind keine Grenzen gesetzt und bald wird man die sechste Verwaltungseinheit mit internationalen Bezeichnungen wie „Sechs Sterne Gefängnishotel“ belegen. Einschließlich der zentralen und der zentral-westlichen interregionalen Verwaltungseinheit.
Natürlich-, 6 Verwaltungseinheiten anstatt von ehemals 24 regionalen – eine offensichtliche, beeindruckende Einsparung im System. Konsequent wurde auch, um den kleinen Hain von 6 MRU-Bäumen zu hegen, ein interregionales (so verlockend ist es interregional zu schreiben) territoriales (?) Organ des Justizministeriums „zu Fragen der strafrechtlichen Bestrafung“ (кримінаьних покарань –ukrainisch) geschaffen. Die höhere Verwaltungsbehörde hat den bescheidenen Namen „Staatsstrafvollstreckungsdienst der Ukraine“ (Администрация ДКВС України, ukrainisch) erhalten.

Was die Medizin angeht, so -… wurde das Zentrum für Gesundheitspflege (охорони здоровья, ukrainisch) –ZOS DKVS- gegründet. Und natürlich, als Ergebnis einer großen Konkurrenzauswahl, wurde der Leiter der ZOS DKVS bestimmt – das heißt, der „Chefarzt Dr. Aibolit des Gefängnissystems“. Es scheint, als würde jetzt alles wie im dem Märchen laufen können: „…alle heilt der gute Dr. Aibolit!“ Aber das wirkliche Leben ist kein Märchen. 2017 haben 2.500 medizinische Angestellte, Patienten aus einem Kontingent von 60 000 behandelt. Auf verschiedene Arten. In den Gefängnis- und Untersuchungshaftanstalten, an den „Haftorten“. In den Gefängniskrankenhäusern mit Ausgang und auch in Ausnahmenfällen in Kreiskrankenhäusern mit 24 Std. -Wachdienst, … und -bezahlung. Das gesamte System funktionierte grottenschlecht.
Ein HOCH also auf den aktuellen Gesetzeserlass! Das medizinische Personal wurde aus seinen Arbeitsplätzen gekündigt, Leiter und Personal und – … es wird eine P e r s o n a l p l a n u n g von der staatlichen Institution des „ZOS DKVS Ukraine“ (Zentrum für Gesundheitspflege des Staatsstrafvollstreckungsdiensts der Ukraine) durchgeführt. „Wie bitte?“, ruft der zart besaitete Leser aus. „Und wer wird die Kranken heute behandeln, morgen?“ Der Autor dieses Textes hat vor einer Woche eine dieser Haftanstalten (Derschavnich Ustanov, ukr.) mit ca. 600 Häftlingen, in der Nähe der Hauptstadt besucht. Für die Versorgung der Krankenabteilung gab es –EINEN – 1- Sanitäter, einen Enthusiasten. Auf den Bettlagern waren – reale Kranke!? Und der stellvertretende Anstaltsleiter erzählte, als wäre es nichts Ungewöhnliches, wie er von seinem Geld (und nicht wenig) einen sehr kranken Häftling von der Anstaltskrankenabteilung in eine Kreisklinik verlegte. „Lass dich nicht irre machen“, erklärten sie mir in der ZOS. „Alle Vollzugsanstalten treffen irgendwie Absprachen (?) mit den entlassenen Ärzten“. „Ja, und worum geht es überhaupt? Ab dem 12. Juli beginnt doch ein neuer Personalplan!“. Mit dem Juli diesen Jahres möchte man also lustig (wie im dem Dr. Aibolit Gedicht die Zauberworte mit denen alles funktioniert) „Limpopo, Limpopo, Limpopo“ ausrufen.

Nach eigener Tradition geben wir das notwendige Referenzmaterial: Dr. Aibolit schrieb vor fast 90 Jahren Kornei Chukovsky. Meiner Meinung nach, war der Autor ein Visionär des modernen Internet-Kommunikationssystems. Wie sollte man sonst die Zeilen interpretieren: Plötzlich von irgendwo der Schakal auf der Stute ritt: „Hier ist ein Telegramm vom Nilpferd!“ Der weise Dr. Aibolit erhielt wohl blitzschnell seine notwendigen Krankenberichte übers Smartphone und was viel wichtiger ist, über deren Adresse: (so aus dem Märchen) „Wir leben in Sansibar, in der Kalahari und der Sahara …“.

Ich bin allen Autoren aufrichtig dankbar, deren Bücher und Materialien ich verwendet habe: insbesondere E.E Zakharov und G.V Tokarew (Beschluss des EGMR zur Verletzung der Rechte von Personen in der Ukraine, die bzgl. medizinischer Hilfe benachteiligt sind); A.P. Bukalov (Jahresberichte des Donetsk-Denkmals). Dank an eine große Gruppe von Wissenschaftlern und Praktikern, die zu ihrer Zeit die Strafvollzugsgesetze StVollzG (1986); VTK Ukraine (1994) geschaffen haben. Und natürlich werden wir das Nilpferd (aus dem Märchen) zitieren … „Ehre sei den guten Ärzten!“

Dein Chaos.