IGFM Armenien 6/18/19
Ergebnispräsentation des EU-Subgrant Projekts “Monitoring the protection of workers’ rights”, unterstützt von der Deutschen Sektion der IGFM.
IGFM Armenien erzielt erste grundlegende Erfolge für menschenwürdige Arbeitsbedingungen

 

 

An der Veranstaltung nahmen mehr als 30 Interessenvertreter, Vertreter von staatlichen und öffentlichen Organisationen sowie Studenten teil.
Arbeitsrechte sind in der heutigen armenischen Realität sehr aktuell, und in der Tat sind sie ziemlich schwer zu lösen. Die Fragen des Schutzes der Arbeitnehmerrechte und der Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen sind seit der Unabhängigkeit Armeniens nicht gelöst, der Übergang von den sozialen und rechtlichen Verhältnissen zur freien Marktwirtschaft, insbesondere im privaten Sektor, wurde und wird weiterhin hauptsächlich von schweren Verletzungen der Rechte und Interessen der Arbeitnehmer begleitet. Vor der Revolution 2018 dienten die Behörden vor allem den Interessen der Geschäftsleute, der Grund dafür war die Zusammenführung des öffentlichen Verwaltungssystems und des Unternehmertums. Auf diese Weise wurden die Arbeitnehmerrechte immer in den Hintergrund gedrängt, was auch eine hohe Arbeitslosigkeit förderte.
Bis 2015 war die staatliche Arbeitsinspektion in Armenien tätig, welche trotz einiger Mängel auch eine regulative Autorität innehatte. Nach der Transformation 2015 hat diese Struktur verschiedene Veränderungen erfahren und wandelte sich zur Gesundheitsinspektion, die nur geringe regulative Befugnisse hat, so bspw. nicht einmal das Recht auf Durchführung von Kontrollen.
Unter diesen Umständen ist die Rolle der Zivilgesellschaft beim Schutz der Arbeiterrechte bedeutend. Zum einen haben wir aus juristischer Sicht einen großen Nachteil in diesem Bereich und zum anderen einen wenig rechtsgeschützten Arbeiter, für den zudem keine Unterstützung einer objektiven dritten Partei in den Rechtsbeziehungen mit seinem Arbeitgeber vorhanden ist.
Das Hauptziel des Projekts war es, die Arbeitsbedingungen von Arbeitern in Supermärkten und in Handelsketten zu identifizieren und Fragen zu stellen.
Wir haben 8 Einkaufszentren, Supermärkte für Lebensmittel und Bekleidungsgeschäfte mit jeweils Tausenden von zum Großteil jungen weiblichen Beschäftigten, untersucht. Da unsere Organisation schon seit mehreren Jahren an diesem Thema arbeitet, verfügten wir bereits über eine Datenbasis. In fast allen Geschäften sind die Beschäftigten gezwungen, unter Bedingungen zu arbeiten, die nicht den gesundheitlichen Rechtsstandards entsprechen. Dazu gehört bspw. die Verpflichtung, während der gesamten Arbeitszeit auf den Beinen zu stehen, das bedeutet das sie sich bei einer aAbeitszeit von oft zwischen 12 und 13 Stunden, kein Recht haben, sich auch nur für eine Minute hinzusetzen oder sich nur anzulehnen.
Teil des Projekts war es die zu untersuchenden Geschäfte nach ihrer Größe und Popularität auszuwählen und in zwei Gruppen zu unterteilen: Im Rahmen des Projekts wählten wir die Liste der zu untersuchenden Geschäfte aus, die sich nach der Größe der Geschäfte und der Popularität der Gruppen richtet. Unsere Filialen wurden in zwei Gruppen unterteilt: Regionale- und Franchise-Unternehmen.
Von Februar bis März 2019 wurden 233 ausgewählte Filialen, wie z.B “Yerevan City”, “SAS”, “Carrefour”, “NEW ZOVQ”, “NEW YORKER”, “ZARA”, “Basic Center”, “WORLD OF CLOTHES” untersucht.
Es wurden als 4.000 Beschäftigtenverhältnisse betrachtet sowie mehr als 10 ausführliche Interviews mit einer durchschnittlichen Dauer von 40 Minuten auf anonymer Basis geführt
Es muss hier gesagt werden, dass während all dieser Beobachtungen und vergleichenden Befragungen, das Projektteam keinen Angestellten, sei es Verkäufer oder Kassierer in sitzender Position gesehen hat. In den Geschäftshallen gibt es keine Sitzgelegenheiten und wenn, dann sind sie für die Kunden bestimmt.
Die Studie zeigte unter anderem auch, dass Beschäftigte speziell in regionalen Handelsketten, vielerlei Restriktionen unterliegen. So nur eine 15minütige Pause bei einer Arbeitszeit von 12-13 Std., weder freie Tage noch Jahresurlaub, keine offizielle Registrierung, Missachtung der Würde u.v.m.
Eine genaue Auflistung finden Sie in unserem Bericht unter:
https://protected-employee.am/category/%d5%b0%d5%a5%d5%bf%d5%a1%d5%a6% d5% b6% d5% b6% d5% b8% d6% 82% d5 % b8% d5% b6% d5% b8% d6% 82% d5% b8% d6% 82%
Während der Abschlusskonferenz präsentierte Hermine Karapetjan, eine Team-Expertin für internes Monitoring, die Gratwanderung, die das Team in der Projektarbeit zu gehen hatte. Es war sehr schwierig, Menschen zu finden, die zustimmen würden, über die Bedingungen ihrer Arbeit zu sprechen. Doch durch unsere öffentlichen Aktivitäten, die aktive Diskussion dieses Themas in sozialen Netzwerken, schafften wir es, eine Gruppe von Freiwilligen zu gewinnen, die uns vertraute und uns präzise über die vorherrschenden Arbeitsbedingungen informierte.
Im Zuge des Projekts, als Reaktion auf unsere alarmierenden Meldungen, gab das Arbeitsschutzamt der Republik Armenien eine offizielle Erklärung ab, in der es ausdrücklich erklärte, dass Arbeitstätigkeit, die zur Hälfte der Arbeitszeit stehend und ohne eine normale Pause ausgeübt wird, als gesundheitsschädigend gilt. Mitarbeiter des Dienstleistungssektors (insbesondere in Handelsketten) arbeiten oft unter gesundheitsschädigenden Bedingungen. Sie arbeiten bis zu 12 Stunden am Tag im Stehen ohne Unterbrechung und Essen, ohne regelmäßige Pausen, ohne Wochenpausen, ohne Jahresurlaub, ohne Arbeitsrechte für faire Arbeitsbedingungen.
Und hiernach führte das Amt für Arbeitsschutz eine Reihe von Seminaren in Supermärkten durch.
Im Abschlussseminar stellte der leitende Inspektor des Amtes für Arbeitsschutz, Alvard Arshakjan diese durch uns ausgelöste Seminararbeit in den Supermärkten vor, was für uns natürlich das schönste Ergebnis unseres Projektes war. Dennoch sind wir von einer Lösung des Problems noch weit entfernt und muss hierfür noch sehr viel getan werden. Artur Asojan, Leiter der Abteilung für die Koordination des Behördenpersonals im Amt für Arbeitsschutz, erklärte sich bereit, uns zu unterstützen und zu effektiven Lösungswegen beizutragen.
Im Rahmen des Projekts haben wir auch eine Arbeitsrechtsschutz-Gruppe gegründet. Nach einer Vorbesprechung wurde während eines zweitägigen Seminars vom 18. bis 19. Mai in Aghveran eine Arbeitsgruppe zum Schutz von Arbeitsrechten zusammengestellt, an der Vertreter von NGOs und unabhängige Experten teilnahmen. Anahit Tovmasjan, ein Mitglied der Gruppe, präsentierte uns die Aktivitäten der Gruppe und zahlreiche an uns gerichtete Briefe: S.u. https://protected-employee.am/%d5%a1%d5%ab%d5%ba%d5%b0%d5%af/
Während des Projekts wurde eine multifunktionale Website namens „Protected Worker“ erstellt: https://protected-employee.am/
Die Website, verfügt neben anderen Seiten, auch über eine Seite, auf der der Besucher seine Beschwerden eingeben kann. Die Website hat auch einen Blog-Bereich, in dem das Thema diskutiert werden kann und an soziale Netzwerke wie Facebook angeschlossen ist.
Ein animiertes Video vom Beginn des letzten Seminars wurde unter folgender Seite gezeigt: https://humanrights-online.org/protected-employee-ishr-armenia-%d5%ba%d5%a1%d5%b7%d5%bf%d5%ba%d5 % a1% d5% b7% d5% d5% b5% d5% d5% d5% d5% b5% d5% d5% d5% b4% d5% d5% d5% b4% d5% d5%
Die Soziologin Lilit Avdalyan, stellt hierin Forschungsergebnisse, Methodiken und Schlussfolgerungen vor.
Nach den Ergebnissen der Studie wurde eine rechtliche Analyse der Situation erstellt, die in den Bericht aufgenommen wurde. Die Verfasserin des Berichts, Helen Manaserjan, stellte den Bericht mit den Rechtsempfehlungen der Arbeitsgruppe vor.
Die Diskussionen und der Meinungsaustausch waren überaus lebendig, was zeigt, dass das Problem für alle von großer Bedeutung ist.
Innerhalb von 6 Monaten hatte die Projektarbeitsgruppe alle ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt.
Aber die Arbeit wird fortgesetzt, und man kann sagen, dass der Prozess des Schutzes der Interessen der Arbeitnehmer sowohl für uns, als auch für die während des Projekts gegründete Gruppe zum Schutz von Arbeitnehmerrechten, erst beginnt.
Unsere Arbeitsgruppe ist bereit, mit staatlichen, nichtstaatlichen und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen.
Das Programm „Monitoring the rights of workers“ wird im Rahmen des Unterprogramms des Projekts “ Consortium Obligation“ unter der Schirmherrschaft der armenischen Anwaltskammer mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union durchgeführt.
Die Kofinanzierung des Projekts wurde von der deutschen Sektion der IGFM übernommen.

Bela Shikarjan Präsident der armenischen Sektion der IGFM

 

 

 

 

 

 

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